Klytaimnestra

Eine Annäherung

Grundlage und Ausgangspunkt des Schauspiels von Elisabeth Bohde ist die „Orestie“ des Aischylos, die einzig vollständig erhaltene Trilogie der griechischen Tragödie. Die „Orestie“ beschreibt die Ereignisse in Mykene nach dem Sieg der Archaier im zehn Jahre dauernden Krieg gegen Troja: Agamemnon, der Heerführer, wird von seiner Frau, Klytaimnestra, nach seiner Heimkehr ermordet. Sie rächt damit die „Opferung“ der gemeinsamen Tochter Iphigenie durch Agamemnons Hand zu Beginn des Krieges. Dieses „Opfer“ sollten den Archaiern guten Wind für die Fahrt in den Krieg gegen Troja bringen.

 

Klytaimnestra selbst wird weiterhin von ihrem eigenen Sohn, Orest, umgebracht, der aber im Gegensatz zu ihr freigesprochen wird. Der Gattenmord wird verdammt, der Muttormord dagegen bekommt recht vor der mutterlos aus dem Kopf ihres Vaters geborene Göttin Athene. Damit gilt die „Orestie“ als die exemplarische Rechtfertigung des Vaters- bzw. Sohnrechts.

 

Während der Vorbereitung auf „Die Tragödie“ – ein Schauspiel der Theaterwerkstatt Pilkentafel im Jahr 1987 über den Helden – stieß Elisabeth Bohde auf die Figur der Klytaimnestra, die sie seitdem nicht mehr losließ. Die Beschäftigung mit dieser Figur lehrte sie den Mythos lesen und führte sie ausgedehnte Reisen und Gedanken und Gefühlen durch die Früh- und Vorgeschichte Griechenlands, die griechische Tragödie, die Frage nach dem „Matriarchat“, der Rolle der Frau in der Geschichte und auf drei tatsächliche Reisen nach Griechenland, während derer im wesentlichen der Text dieses Schauspiels entstand.

Elisabeth Bohdes Schauspiel thematisiert die letzten Stunden Klytaimnestras vor dem Mord an Agamemnin, dessen Rückkehr die nach der Ankündigung durch einen Boten ungeduldig erwartet, bis zu seinem Empfang. In ihrer Adaption verbindet Elisabeth Bohde Originaltexte in der Übersetzung von Walter Jens, Reflexionen aus heutiger Sicht und versucht, sich in die Figur der Klytaimnestra einzufühlen. Eingebunden ist ihr „weibliches Sprechen“ in die Komposition von Matthias Kaul (L’Art pour l’Art, Hamburg). Männliche Stimmenumgeben, verfolgen, bedrängen die Frau, die nachdenkt über ihr Leben, über ihr Bild: Elisabeth Bohde über Klytaimnestra, Klytaimnestra über sich. Die Stimmen, das Gesprochene verdichten sich in musikalisch-rhythmischen Ereignis, das gleichzeitig Spielpartner auf der Bühne wird. Ebenso ist die Malerei von Marianne Gymnopoulos (Flensburg) nicht bloße Dekoration, sondern die SchauspielerInnen werden am Ende Teil des Bildes. So dienen alle Medien –Theater, Sprache, Musik, Malerei – in diesem Schauspiel der Annäherung an das Thema, und alte Texte verbinden sich mit stilistischer Modernität.



Text: Elisabeth Bohde (Unter der Verwendung der „Orestie“ des Aischylos in der Übersetzung von Walter Jens)

Klytaimnestra, Erzählerin: Elisabeth Bohde

Agamemnon, Bote, Wächter: Torsten Schütte

Musik, Komposition, Einspielung und Sprecher: Matthias Kaul

Lichtregie und Technik, Auge von Außen: Heike Erlenkämper

Malerei: Marianne Gymnopoulos

Metallkonstruktionen: Wolf-Dieter Hans

Kostüme: Sabine Bohde

Plakat: Elsbeth Arlt

Organisation und Öffentlichkeitsarbeit: Tamara Tschikowanie

 

Premiere: Mai 1988

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Klytaimnestra Kritik
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