Liebes Publikum,
Binsenwahrheit: es gibt kein Leben ohne Tod, es gibt keinen Gewinn ohne Verlust, keine Gewinner ohne Verlierer, keinen Aufbruch ohne Abschied. Schon das Wort Fort-Schritt beinhaltet das Wort „fort“.
Trotzdem leben wir mit dem Versprechen eines ewigen Fortschritts, der Erwartung ständigen Wachstums, dem Glauben an immerwährende Werte. Wir sind nicht vorbereitet auf Verluste, nicht einmal auf den selbstverständlichsten – den Tod. Und empfinden jedes Sterben als eine Niederlage im Kampf gegen Krankheit und Alter… als könnten wir den jemals gewinnen!
Wir erleben den Klimakollaps, Artensterben, Hitze, Dürre, Überschwemmungen, den Verlust von Landschaften, Ernten, Häusern…. Wir erleben die Erschütterungen einer regelbasierten Weltordnung, die Schwächung der Menschenrechte und die Gefährdungen der Demokratie und sehen uns mit unverblümter Machtgier, ungebremsten Eigeninteressen mächtiger Männer und Kriegen konfrontiert.
Und leben weiter. Aber wie? In jedem Fall mit den Verlusten, auch wenn wir sie verdrängen. In jedem Fall mit den Verlusten, auch wenn wir uns ihnen stellen.
Dazu laden wir ein: sich den Verlusten zu stellen, nicht zu jammern, aber zu trauern. Wir laden ein nicht mehr zu verdrängen und sondern wieder ganz zu sein und neue Kraft, neue Gemeinschaften, neue Strategien zu finden. Aber vor dem Neuen liegt immer der Abschied vom Alten.
Dafür kann das Theater ein Ort sein. Vor allem für die Erfahrung der Gemeinsamkeit! Denn es macht einen Unterschied, ob wir uns verkriechen und einsam leiden, oder unsere Verlusterfahrungen, unsere Trauer, unsere Erschöpfung, unsere Wut und unsere Erkenntnisse teilen. Zusammenbleiben!
Elisabeth Bohde